Was die Freiheitsstatue und der
Eiffelturm gemeinsam haben

New York, Heimat von „Lady Liberty” der Freiheitsstatue, und Paris, eine der bedeutendsten Metropolen Europas mit dem Eiffelturm als Wahrzeichen, liegen mehr als 5800 Kilometer auseinander – doch eint sie eine gemeinsame Geschichte. Als die Amerikaner sich zwischen 1775-1783 von der als ungerecht empfunden Herrschaft der Engländer lossagten, unterstützten die Franzosen ihr Vorhaben und schenkten der noch jungen Demokratie zum 100. Geburtstag die Freiheitsstatue – als ewiges Symbol für die erkämpfte Freiheit.

Die Lady Liberty hat zwar viele Namen – Freiheitsstatue, Statue of Liberty, La Liberté – doch ganz offiziell heißt sie „Liberty Enlightening the World”, was übersetzt so viel heißt wie: „Freiheit erleuchtet die Welt”. Für die Franzosen, die die Statue im Jahr 1886 ihren „Schwestern & Brüdern im Geiste” als Geschenk überreichten, hatte dieser Name eine besondere Bedeutung: „Enlightenment” heißt auf deutsch auch „Aufklärung” – ein wirklich wichtiges Wort mit einer sehr großen Bedeutung für die europäische Geschichte.

Du erinnerst dich doch sicher noch an das Mittelalter und die Königinnen und Könige, die über die einfachen Leute, also Bauern, Handwerker, Knechte, Mägde, der „Dritte Stand” genannt, herrschten und dabei alles machen konnten, was sie wollten. Und da sie das meistens auch taten, nannte man sie ab dem 17. Jahrhundert sogar absolutistische Herrscher, da sie eben absolut alles bestimmen konnten – zumindest dachte man das, in der Wirklichkeit ging es zwischen den „Beherrschten” und den Königinnen & Königen dann doch komplizierter zu. Doch die Bürger lebten – für unsere heutigen Begriffe – nicht in Freiheit. Vieles, was heute selbstverständlich ist, durften die Untertanen der Königinnen und Könige nicht einfach tun, nur weil es ihnen gerade passte – zum Beispiel Heiraten.

Der lange Weg zur Freiheit

Jahrhundertelang lebten die Menschen in Europa in Unfreiheit. Könige und Fürsten, von denen viele mit harter Hand regierten und sehr strenge Moralvorstellungen schafften ein Klima der Unterdrückung, von dem die Menschen irgendwann genug hatten. Über diese und ähnliche Fragen sollten keine Monarchen mehr entscheiden. Jeder Mensch sollte selbst für sich entscheiden können. Viele berühmte Philosophen forderten klare Gesetze ein. Gesetze, die für alle Menschen gelten sollen – selbst für den König.

Eines der bekanntesten Ereignisse dieser Zeit war die französische Revolution, die im Jahr 1789 in Frankreich stattfand. Die Bürger forderten „Freiheit Gleichheit und Brüderlichkeit". Diese Werte waren eng mit den Ideen der Aufklärung verbunden. Am Ende der Revolution – einer sehr brutalen Zeit – verlor der König sogar seinen Kopf. Das war der französische König Ludwig XVI., ein Nachfahre des berühmten Sonnenkönigs, König Ludwig XIV., dessen gigantischen Palast Versailles du vielleicht aus deinen Schulbüchern kennst. Auf die Hinrichtung seines Urgroßvaters folgte jedenfalls eine lange Zeit der Konflikte, in denen es immer wieder Versuche gab, echte Demokratie einzuführen.

Auch die amerikanischen Siedler hatten zu dieser Zeit genug davon, weiterhin einem fremden König zu gehorchen, der aus dem fernen England über sie herrscht. Georg III., der damalige König von England, wollte aus seiner Kolonie Amerika möglichst viel Kapital schlagen und erfand deshalb ständig neue Steuern und Abgaben, die die Amerikaner so nicht mehr hinnehmen wollten. Als dann noch eine als zu hoch empfundene Steuer auf Tee eingeführt wurde, entzündete sich der Funke: Als Zeichen des Widerstandes verkleideten sich 1773 ein paar wagemutige Amerikaner als Indianer und stießen die Teeblätter kistenweise von den Schiffen des englischen Königs ins offene Meer.

Bei dieser „Boston Tea Party" zeigte sich das erste Mal der Wunsch des Volkes, dass sie fortan ohne König leben und eine eigene Regierung schaffen wollen. Auf die „Bostoner Tea Party” folgten weitere Konflikte zwischen Engländern und Amerikanern, bis aus den kleinen Aufständen im Jahr 1775 ein offener Krieg wurde – der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg.

Georg III. durfte seinen Kopf zwar behalten, doch herrschen sollte er in Amerika nicht mehr.

Leicht gesagt, schwer getan: England wollte diese Schmach selbstredend nicht auf sich Sitzen lassen und schickte Soldaten. Doch auch die Amerikaner bewaffneten sich und schlugen die Engländer Stück für Stück zurück – doch ohne die Hilfe der Franzosen wären sie auf den Schlachtfeldern nicht siegreich gewesen. Nach vielen Jahren eines erbittert geführten Krieges, der auf beiden Seiten viele Opfer einforderte, erkannte England 1783 im Frieden von Paris (1783) die Unabhängigkeit der ehemals britischen Kolonien offiziell an. Die ersten amerikanischen Staaten hatten sich bereits 1776 für unabhängig erklärt.

Franzosen und Amerikaner pflegten seit diesem Ereignis eine enge Freundschaft. Um diese zu feiern, wollten die Franzosen ihren Verbündeten zum 100-jährigen Jubiläum ihrer Unabhängigkeit etwas ganz besonderes schenken: Die Freiheitsstatue. Leider klappte es nicht so ganz, den Termin einzuhalten. Denn als der große Jahrestag der Unabhängigkeit, der 100. Independence Day im Jahre 1876 näher rückte, stellte man in Paris mit Erschrecken fest: Die Statue würde nicht rechtzeitig fertig. Der Kopf war zwar schon gebaut, doch bei der metallischen Konstruktion des Körpers gab es technische Schwierigkeiten, die erst noch gelöst werden mussten.

So wurde der Kopf der Freiheitsstatue im Jahre 1878 erst einmal auf der Pariser Weltausstellung voller Stolz präsentiert, bevor die ganze Statue dann endlich im Jahre 1886 in die USA verschifft wurde. Doch wie konnten die Franzosen die technischen Schwierigkeiten überwinden? Daran war kein geringerer beteiligt als Gustave Eiffel, wohl einer bekanntesten Ingenieure, die je gelebt haben. Eiffel arbeitete zu dieser Zeit an seinem weltberühmten Eiffelturm, der zwischen 1887 bis 1889 als monumentales Eingangsportal der Pariser Weltausstellung errichtet wurde.

Ähnlich wie die Freiheitsstatue sollte der Eiffelturm ebenfalls an ein wichtiges Datum erinnern: Den 100. Jahrestag der Französischen Revolution von 1789. Im Gegensatz zu seinem amerikanischen Gegenstück konnte der Eiffelturm allerdings pünktlich fertiggestellt werden. Die Freiheitsstatue wurde schließlich exakt 110 Jahre nach der amerikanischen Unabhängigkeit in New York feierlich eingeweiht. Und wenn du heute die Treppen hinauf in den Kopf der Statue steigst und den sagenhaften Blick über Manhattan genießt, dann erinnern dich die Metalltreppen im Innern der Statue vielleicht an den Eiffelturm in Paris.

Die Wendeltreppen der Lady Liberty wurden nämlich aus demselben Metall wie der Eiffelturm und von dem gleichen Ingenieur gefertigt. Sein Name? Gustave Eiffel – übrigens ein großer Befürworter der persönlichen Freiheit des Menschen.

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